Der „Black Knight“-Satellit – Mythos, Fakten und Verschwörungstheorien

Ein mysteriöser Satellit soll seit 13.000 Jahren die Erde umrunden – was ist dran? In Online-Foren und Videos kursiert die Legende eines sogenannten Black Knight-Satelliten, der ausserirdischen Ursprungs sein und von Raumfahrtbehörden vertuscht werden soll​. Diese Verschwörungstheorie setzt sich aus zahlreichen, ursprünglich unabhängigen Ereignissen und Beobachtungen zusammen​. Kritische Untersuchungen zeigen jedoch ein deutliches Bild: Wissenschaftliche Analysen und historische Aufzeichnungen entlarven den „Schwarzen Ritter“ als ein Konstrukt aus Missverständnissen, Zufall und Fiktion​. Im Folgenden beleuchten wir faktenbasiert die Hintergründe – von Nikola Teslas geheimnisvollen Funksignalen Ende des 19. Jahrhunderts bis zu modernen Internet-Memen – und prüfen, was hinter dem Mythos steckt.

Ursprünge der Legende: Historische Meilensteine

Die Geschichte des Black Knight setzt sich aus mehreren Vorfällen zusammen, die von UFO-Enthusiasten im Nachhinein miteinander verknüpft wurden​. Ein Blick auf die Timeline der Schlüsselerlebnisse hilft, das Phänomen zu verstehen:

  1. 1899 – Teslas mysteriöse Signale: Der Erfinder Nikola Tesla fängt in Colorado Springs ungewöhnliche Radiodaten auf. Er berichtet von „langsamen, merkwürdigen Signalen“, die er zunächst dem Mars zuschreibt​. Moderne Analysen (z. B. vom Skeptiker Brian Dunning) legen nahe, dass Tesla wahrscheinlich natürliche Radioquellen wie Pulsare empfangen hatte – rotierende Neutronensterne, die erst 1968 wissenschaftlich erkannt wurden.
  2. 1928 – Rätselhafte Funkechos: Der norwegische Radioamateur Jørgen Hals beobachtet sogenannte Long Delayed Echoes (LDE). Von ihm gesendete Kurzwellen werden erst nach 15 Sekunden – statt in Sekundenbruchteilen – wieder empfangen​. Solche verzögerten Echos verblüffen die Fachwelt. Einige spekulieren später, ein unbekanntes Objekt im Erdorbit könnte die Signale reflektiert haben.
  3. 1954 – Nachrichten über unbekannte Satelliten: In der Presse erscheinen Berichte, die US-Luftwaffe habe zwei Satelliten in der Erdumlaufbahn entdeckt, obwohl weder USA noch UdSSR damals Satelliten gestartet hatten​. Urheber dieser Story ist UFO-Autor Donald Keyhoe, der damit auch für sein neues Buch wirbt. Zeitzeugen zufolge waren diese Artikel eher scherzhaft gemeint​, doch in UFO-Kreisen werden sie ernst genommen und als frühe Hinweise auf den Black Knight gehandelt.
  4. 1958 – Sichtung eines „dunklen Körpers“: Laut manchen UFO-Publikationen meldet der Amateurastronom Steven Slayton ein unbekanntes Objekt nahe dem Mond. Durch sein Teleskop habe er ein dunkles, etwa 10 m grosses Objekt in ~1.000 km Abstand gesehen​. Offizielle Stellen erklären damals, es müsse ein naher Meteor gewesen sein. Dennoch fliesst diese unbestätigte Sichtung in die wachsende Legende ein.
  5. Februar 1960 – Ein „Schatten“ im Orbit: Die US-Marine ortet ein unbekanntes Objekt in einem polaren Erdorbit, was zunächst für einen sowjetischen Spionagesatelliten gehalten wird​. Kurz darauf identifizieren US-Behörden das Objekt als Trümmer eines US-Air-Force-Satelliten (Discoverer 8), der vom Kurs abgekommen war​. Verschwörungstheoretiker hingegen sehen darin eine weitere Spur des Black Knight.
  6. 1963 – UFO-Alarm bei Mercury 9: Astronaut Gordon Cooper soll während seines 22-Orbits-Alleinfluges angeblich ein unbekanntes Flugobjekt gesichtet haben, das auch von Bodenradar erfasst worden sei. Allerdings belegen Missionsprotokolle und Coopers eigene Aufzeichnungen keine solche Meldung​. Der Vorfall gilt als Gerücht, hält aber als Teil der Black Knight-Erzählung Einzug.
  7. 1973 – Die 13.000-Jahre-Theorie: Der schottische Wissenschaftsautor Duncan Lunan veröffentlicht eine gewagte Hypothese: Er habe alte LDE-Radiodaten analysiert und entdeckt, sie könnten von einer ausserirdischen Sonde stammen, die seit ca. 13.000 Jahren die Erde umkreist​. Als Herkunft nennt er das Doppelsternsystem Epsilon Boötis, 210 Lichtjahre entfernt​. Lunan selbst zog diese Idee später zurück und räumte methodische Fehler ein​. Trotzdem wird die Zahl 13.000 Jahre bis heute zentral mit dem Black Knight mythos verbunden.

Diese Ereignisse – von echten Phänomenen bis zu Fehlinformationen – wurden im Laufe der Jahrzehnte zu einem gemeinsamen Narrativ verwoben. Keines dieser Ereignisse wurde ursprünglich als „Black Knight“ bezeichnet, doch rückblickend deuteten UFO-Autoren sie um, als Puzzleteile eines grossen Rätsels​.

Das STS-88-Foto (1998): Weltraumschrott oder Alien-Satellit?

Einen regelrechten Popularitätsschub erfuhr die Verschwörungstheorie 1998 durch Fotos der Space-Shuttle-Mission STS-88. Astronauten der Endeavour fotografierten beim ersten Aufbau der Internationalen Raumstation ein dunkles, bizarr geformtes Objekt über dem Rand der Erdatmosphäre​. Diese Bilder – in hoher Auflösung von der NASA veröffentlicht – zeigten keinen erkennbaren Satelliten oder bekannten Raumfahrtschrott und befeuerten Spekulationen. UFO-Enthusiasten behaupteten, endlich einen visuellen Beweis für den Black Knight gefunden zu haben.

Ein von der Space Shuttle Endeavour (STS-88, 1998) aufgenommenes Foto zeigt ein dunkles, unregelmässig geformtes Objekt über der Erdatmosphäre. Verschwörungsfans deuten es als „Black Knight“-Satelliten, doch NASA klassifiziert es als einfachen Weltraumschrott.

NASA’s Erklärung: Die fraglichen Aufnahmen (es existieren sechs ähnliche Fotos) wurden von der NASA offiziell als Bilder eines abgelösten Teils Weltraummüll katalogisiert​. Nachforschungen ergaben, dass während der STS-88-Mission tatsächlich ein Gegenstand verloren ging: eine schwarze Thermoschutzdecke, die beim Montieren eines Moduls versehentlich davonschwebte​. Missionsspezialist Jerry Ross und sein Kollege hatten eine isolierende Abdeckung mitgeführt, die sich beim Ausseneinsatz löste und in den Orbit abdriftete. In den Funkprotokollen der Endeavour ist dieser Vorfall eindeutig dokumentiert – so funkte Kommandant Robert Cabana an Ross: „Jerry, one of the thermal covers got away from you.“​. Die Besatzung verfolgte das davonfliegende Objekt mit den Augen, konnte es jedoch nicht bergen.

Was zeigen die Fotos wirklich? Auf den veröffentlichten Bildern ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eben jene verlorene Thermodecke zu sehen, die ungewöhnlich geformt in der Schwerelosigkeit taumelt​. Raumfahrtexperten wie der Journalist James Oberg, der die Mission analysierte, bestätigten dies: Die Form des Objekts und der Zeitpunkt passen zu der verlorenen Hülle. Oberg und andere Fachleute verweisen darauf, dass Weltraumschrott in ungewöhnlichen Posen aus bestimmten Blickwinkeln exotisch aussehen kann​. – hier habe die Perspektive die Illusion eines strukturierten „Satelliten“ erzeugt.

Trotz dieser provisorischen Erklärung halten Verschwörungstheoretiker das STS-88-Foto bis heute für DEN Beweis. Einige argumentieren, die Thermodecken-Story sei nur ein Ablenkungsmanöver der NASA. Fakt ist jedoch: Das Objekt blieb nur relativ kurz in Umlaufbahn und verglühte vermutlich beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Wäre es ein gesteuerter 13.000-Jahre-Satellit, würde man erwarten, dass er weiter aktiv oder zumindest noch vorhanden ist – dem ist nicht so.

Spekulationen und ausserirdische Theorien

Warum übt der Black Knight eine solche Faszination aus? Ein Grund ist sicher die Idee, wir könnten von einer uralten ausserirdischen Technologie umkreist werden, ohne es zu merken. Im Folgenden einige Hauptthesen und ihre Hintergründe:

  • Ausserirdischer Aufklärer: Die populärste Behauptung besagt, der Black Knight sei ein von Aliens gebauter Satellit, der die Menschheit seit Jahrtausenden beobachtet​. Als mögliche Absender werden – angelehnt an Lunans Hypothese – intelligente Wesen aus dem Sternbild Boötes genannt​. Belege für eine derartige Mission gibt es nicht. Weder empfängt man heute gezielte Signale noch konnten Teleskope einen solchen aktiven Satelliten identifizieren.
  • Prä-Astronautik und antike Hochkulturen: Einige legen den Black Knight in das Schema der Prä-Astronautik: Er könnte demnach von ausserirdischen Besuchern in grauer Vorzeit installiert worden sein, vielleicht um vergangene irdische Zivilisationen (Atlantis o. Ä.) zu überwachen. Harte Fakten fehlen; diese Idee stützt sich lediglich auf das Feeling, dass einige antike Kenntnisse „zu fortschrittlich“ für ihre Zeit waren – ein klassisches argumentum ad ignorantiam.
  • Geheime Militärtechnologie: Ein rationalerer Ansatz mutmasst, es handle sich um geheime irdische Hardware, z. B. einen militärischen Testsatelliten aus dem Kalten Krieg, dessen Existenz verschleiert wurde. Tatsächlich gab es im Kalten Krieg Top-Secret-Projekte (etwa das CORONA-Spionagesatellitenprogramm), und einige Frühmeldungen unbekannter Objekte (1960) liessen sich darauf zurückführen​. Doch alle bekannten geheimen Satelliten sind mittlerweile dokumentiert oder verglüht. Ein 13.000 Jahre alter Spionagesatellit sprengt ohnehin die zeitlichen Möglichkeiten.
  • Namensverwirrung „Black Knight“: Manche glauben, der Name gehe auf ein reales Raumfahrtprojekt zurück. Tatsächlich hiess eine britische Trägerrakete in den 1950er Jahren „Black Knight“. Dieses Programm (1958–1965) diente zur Raketentests, brachte aber nie eigene Satelliten in den Orbit und steht in keinem Zusammenhang mit der Legende​. Der gleichnamige Satellitenstart-Plan (Black Knight satellite launcher, 1964) kam nie zur Umsetzung​. Der heutige Mythos bekam den dramatischen Namen vermutlich erst später – warum gerade „Schwarzer Ritter“ ist unklar, klingt aber mystisch und heroisch.

Zusammengefasst beruhen die spekulativen Erzählungen auf einem Mix aus Science-Fiction und Fehlinterpretation. Die Vorstellung einer verborgenen Alien-Technologie in Erdnähe ist aufregend – allerdings fehlt jeder wissenschaftliche Nachweis. Keine Raumfahrtinstitution (weder NASA, ESA noch andere) hat je Anzeichen für einen unbekannten Satelliten festgestellt, der nicht von Menschenhand stammt.

Verbreitung im Internet und aktuelle Entwicklungen

Obwohl die Beweislage dünn ist, lebt der Mythos im Internetzeitalter munter weiter. In den sozialen Medien wird der Black Knight regelrecht ikonisch:

  • YouTube & Daily Mail (2015–2017): Auf YouTube sammelten Videos zum Black Knight-Thema Millionen Aufrufe. Ein bekannter Kanal veröffentlichte 2015 ein Video, das ein angebliches UFO über Florida als den „13.000 Jahre alten Satelliten“ deutete​. 2017 behauptete sogar die Boulevardseite Daily Mail, der Black Knight sei von einer Illuminaten-Spezialeinheit abgeschossen worden​. Die dazu gezeigten Infrarot-Videos (mit dem Logo des UFO-Kanals Secureteam10) zeigten eine verglühende Feuerkugel – vermutlich den Wiedereintritt eines regulären Satelliten – doch die Story ging viral​. NASA widersprach dem natürlich nicht extra; die absurde Behauptung dementierte sich praktisch von selbst.
  • TikTok & Co (2020er): Auf TikTok trendet der Hashtag #BlackKnightSatellite mit zig Millionen Views. Kurze Clips fassen die Verschwörungstheorie für eine neue Generation zusammen – oft unterlegt mit dramatischer Musik und den STS-88-Bildern. In Kommentarspalten wird teils hitzig diskutiert, ob „die NASA wieder lügt“ oder ob es Beweise gebe. Diese Plattformen sorgen für eine Renaissance des Mythos, obwohl keine neuen Fakten hinzugekommen sind.
  • Reddit & Foren: In Foren wie Reddit tauchen regelmässig Threads auf (z. B. r/UFO, r/conspiracy), in denen Nutzer fragen, was es mit dem Black Knight auf sich hat. Erfahrenere Community-Mitglieder verlinken dann oft auf Quellen, die den Fall sachlich auseinandernehmen​. Dennoch bleiben einige überzeugt, es gäbe eine grossangelegte Vertuschung. Der Black Knight ist damit ein Dauerbrenner unter den Internet-Verschwörungen.
  • Popkultur: Die Legende hat auch Eingang in die Popkultur gefunden. 2015 produzierte ausgerechnet der Softdrink-Riese Pepsi einen aufwendigen Kurzfilm namens „Black Knight Decoded“, in dem ein Vater-Tochter-Duo rätselhafte Signale des Satelliten entschlüsselt – mit Hollywood-Prominenz in den Hauptrollen. 2016 veröffentlichte die schwedische Metal-Band PAIN einen Song namens „Black Knight Satellite“ (Album Coming Home), inspiriert von der Verschwörung​. TV-Dokumentationen auf dem History Channel (Ancient Aliens, The Proof Is Out There) widmeten dem Phänomen Segmente, was die Bekanntheit weiter steigert. So hält sich der Black Knight seit über 120 Jahren in verschiedenen Gewändern in unserer Medienlandschaft​.

Wissenschaftliche Einordnung und Fazit

Aus neutraler, journalistischer Perspektive lässt sich feststellen: Für den „Black Knight“-Satelliten gibt es keine belastbaren Beweise. Stattdessen existieren plausible Erklärungen für alle Einzelaspekte der Legende:

  • Die frühen Radioanomalien (Tesla 1899, Hals 1928) lassen sich durch natürliche Phänomene wie kosmische Radioquellen oder ungewöhnliche Atmosphären-Effekte deuten​. Nichts weist zwingend auf einen künstlichen Sender im Orbit hin. So wurden Teslas „Signale von Mars“ Jahrzehnte später als mögliches Echo eines Pulsars interpretiert​.
  • Die Berichte der 1950er/60er über unbekannte Satelliten entstammen einer Zeit, in der die Raumfahrt neu war und viel Spielraum für Spekulation bot. Wo anfangs Rätsel standen, kennt man heute die Hintergründe: 1960 entpuppte sich das unidentifizierte Objekt als Teil eines amerikanischen Satelliten​, und Coopers angebliche UFO-Sichtung 1963 ist durch Quellen widerlegt​. Die Black Knight-Theorie ignoriert diese Auflösungen meist oder erklärt sie zum „Cover-up“.
  • Das STS-88-Objekt von 1998 ist durch Fotos und Missionsberichte bestens dokumentiert – und nichts Übernatürliches. Die einfachste Erklärung (Ochams Rasiermesser) stimmt hier: Es war menschlicher Weltraumschrott, konkret eine verloren gegangene Ausrüstungsabdeckung​. Dass die NASA die Bilder offen zugänglich macht, spricht eher gegen eine Vertuschung.
  • Insgesamt bewertet die astronomische Fachwelt den Black Knight als Mischmasch aus Legenden. Martina Redpath vom Armagh-Planetarium sagte treffend: „Black Knight ist ein Durcheinander komplett unabhängiger Geschichten, […] zusammengebraut und im Internet zu einem weitläufigen Mythos verkocht.“. Jede einzelne Behauptung konnte entweder entkräftet oder gar nicht erst verifiziert werden.

Fazit: Das Phänomen des Black Knight-Satelliten ist ein Lehrstück dafür, wie aus Zufall, Wissenschaftslücken und fantasievollen Deutungen eine langlebige Verschwörungstheorie entstehen kann. Trotz gegenteiliger Evidenz fasziniert die Idee eines ausserirdischen Wächter-Satelliten viele Menschen bis heute – sei es aus Misstrauen gegenüber Behörden, Begeisterung für Alien-Storys oder einfach, weil die Geschichte unterhaltsam ist. Aus wissenschaftlicher Sicht spricht jedoch alles dafür, dass der “Schwarze Ritter“ nichts weiter als Weltraum-Folklore ist – eine moderne Sage im Orbit, geboren aus unserem Drang, im Unbekannten etwas Bedeutsames zu sehen.

📚 Quellen / Sources:
Armagh Planetarium – Black Knight Satellite
Skeptoid Podcast #356 – Black Knight Satellite
NASA – STS-88 Mission Overview
Space.com – What is the Black Knight Satellite?
Popular Mechanics – Black Knight UFO Debunked
Reddit – r/UFOs Community Discussions
TikTok – #blackknightsatellite
YouTube – Black Knight Satellite Videos
Wikipedia – Black Knight Satellite Conspiracy Theory

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